Hamsterrad loslassen
Zufriedenheit durch Geld?
Soziales, umweltverträgliches Verhalten
Wirtschaft ist auf Wachstum angewiesen, so hat man's schon in der Schule gelernt. Das kommt schließlich allen zugute: Den Unternehmen, weil sie mehr Gewinn einfahren, den Arbeitslosen, weil dadurch mehr Stellen geschaffen werden, den Angestellten, weil sie mehr Lohn bekommen, den Aktionären, weil sie höhere Dividenden erhalten, dem Staat, weil er mehr Steuern bekommt, den Bürgern, weil er dadurch mehr für sie tun kann … "Mehr" heißt also die Losung. Doch ein Blick auf die verkorkste (Wirtschafts-)Situation dieser Erde zeigt, dass Wachstum vielleicht auch Schattenseiten hat.
Die Medien mit ihren Werbeslogans haben unsere Gesellschaft fest im Griff. Man wähnt sich nur als halber Mensch, wenn man sich keine zwei Autos, kein Handy und keinen neuen PC leisten kann. Die Nachbarn haben sich's ja auch gegönnt. Das ist das Stichwort: gegönnt. Man wiegt sich in dem Glauben, sich etwas Gutes getan zu haben. Doch zur Zufriedenheit trägt ein neuer Bildschirm oft nicht bei, sondern eher zu einigen Geldsorgen.
Leider hat "beschränken" einen negativen Klang. Man fühlt sich sofort eingezwängt und glaubt, sich durch mehr Konsum Luft machen zu müssen. Dabei heißt Verzicht in vielen Fällen Gewinn. Wer auch mal auf den Drahtesel steigt, statt nur Auto zu fahren, gewinnt an Gesundheit, Fitness und Zufriedenheit. Wer sich weniger ablenken lässt, kann sich auf Wesentliches konzentrieren.
Doch überall hört man Parolen, man müsse unbedingt den Lebensstandard halten und das Wirtschaftswachstum steigern. Ein Hamsterrad ist vielleicht das passende Bild. Immer weiter, immer höher, immer schneller, bis - ja, bis wann? Man stelle sich nur vor, dass alle Länder dieser Erde es den Industrienationen nachmachen hinsichtlich Konsum, Umweltzerstörung, Wirtschaftswahn und Gleichgültigkeit. Es sind sich mehr Inder als Deutsche der Tatsache bewusst, dass ihr Lebensstil der Umwelt schadet. Dabei ist die Ressourcenverschwendung der Deutschen unglaublich höher als die der Inder. Doch statt über sinnvolle Maßnahmen nachzudenken, versucht man verzweifelt, den Lebensstandard zu bewahren. So fährt man also mit einem Elektroauto statt mit dem Benziner. Wenn der Strom aus Kernkraftwerken oder Kohlekraftwerken stammt, hat die Umwelt damit nichts gewonnen. Grüne Schminke ist eben nicht alles.
Statt Mammonwachstum wäre ein grünes, soziales, umweltverträgliches Wachstum angebracht. Warum mehr in Autos investieren als in Bildung, Kindererziehung, Sozialarbeit, Pflege? Warum ausgerechnet die Menschen vernachlässigen, die doch endlos wichtiger sind als leblose Maschinen?
Wachstum sollte sich nicht nur auf Geld und Konsum beschränken, sondern vor allem auf gefühlte Zufriedenheit. Das hat das Wirtschaftswachstum der letzten zwanzig Jahre nicht geschafft. Zufriedenheit hängt nämlich von einem guten Sozialleben und einer angenehmen Arbeit ab. Ob die Wirtschaft dabei um 0,2 oder um 0,25 Prozent zulegt, spielt für das Gefühl keine Rolle.