Linsen

Geschichte einer Linsensuche

Die Spur führte nach Russland - Verschollene Alblinse gefunden!

Früher bauten Landwirte auch eine kleine nährreiche Ackerfrucht an, der heute nur noch wenige Beachtung schenken: die Linse, eine tolle Eiweißquelle. Im neunzehnten Jahrhundert wurde ihr Anbau in Deutschland hauptsächlich im württembergischen Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb betrieben. Die Hülsenfrucht bedeckte viele tausende Hektar Boden; ihr Anbau in Württemberg übertraf noch 1840 den der Bohnen und Erbsen.
Besonders gut gedeihen Linsen auf steinigen, mageren Böden, wenn auch nicht von selbst. Sie brauchen Stützen (z.B. Gerste) zum Hochklettern, nicht zu viel Regen, und nach der Ernte noch Pflege: Trennung von Geste und Linsen, Reinigung, Trocknung … Da die Erträge stark schwanken, erscheint vielen Bauern ihr Anbau nicht lukrativ genug. Sie entschieden sich für andere Feldfrüchte, so dass auf der Schwäbischen Alb Ende der 1950er keine Linsen mehr wuchsen. Wer als Schwabe seitdem Linsen futterte, bezog sie aus fernen Ländern.

Doch während einige Schwaben den Trend zur Globalisierung und Ertragssteigerung mitmachten, keimte in anderen die Nostalgie. Wäre es nicht schön, wieder Linsen auf der Alb anzubauen?
Gedacht, getan. Einige Interessierte machten sich auf die Suche nach Saatgut der Alblinse 1 und 2, gezüchtet in den Dreißigern und Vierzigern. Doch was einst im Bundessortenbuch festgehalten wurde, war in der Natur nicht mehr aufzufinden. Weder Saatguthändler noch die deutsche Gendatenbank Gatersleben, weder alte Scheunen noch die Landessaatzuchtanstalt Baden-Württemberg, noch die UN, wiesen Saatgut der Alblinse auf. Erst im fernen Russland wurde der Traum erfüllt, denn das Wawilow-Institut (St. Petersburg) schickte Saatgut zu. Die lagerten dort seit den 1960ern, gemeinsam mit 340 000 anderen Kulturpflanzen und deren wilden Verwandten, die seit den 1920ern in dem Institut gesammelt wurden (und die Belagerung im Zweiten Weltkrieg unversehrt (und "unverzehrt" kann man sagen, denn es herrsche wegen der deutschen Belagerung eine große Hungersnot) überlebten. Über 2300 Linsensorten sind dort zu Hause.
Zu verdanken ist die Sammlung Nikolaj Wawilow. Seine "Nachfolger" verschicken heute jährlich tausende Samentütchen in alle Welt - kostenlos, da sie die Samen ja auch kostenlos in der Natur fanden. Ob ihnen das die deutschen Linsenfreunde je genug danken können?

Näheres über Linsenzucht auf der Schwäbischen Alb erfahren Neugierige bei der Öko-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa.