Krähen, Dohlen, Raben

Rabenvögel

Der Rabe ist besser als sein Ruf

Kaum ein anderer Vogel hat seit Urzeiten in den Geschichten der Menschen eine derartige Rolle eingenommen. In den Kinderzimmern quietschen begeisterte Zweijährige auf den Knien der Eltern zu "Hoppe, hoppe Reiter ... fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben", während ihre älteren Geschwister atemlos Omas Gutenachtgeschichten lauschen, etwa Grimms Märchen Die sieben Raben oder Die Rabe. Lesekundige Schulkinder wagen sich selbst an Preußlers unheimliches Kinderbuch Krabat und greifen später zu Poes düsterem Poem The Raven.

In der Mythologie haben die großen schwarzen Vögel meist eine positivere Rolle inne; so sollen sich einst Götter und mächtige Könige ihre Weisheit zu Nutzen gemacht haben. Odin etwa tat keinen Schritt ohne seine beiden Kolkraben Hugin und Munin, die, auf seinen Schultern sitzend, vom Lauf der Welt berichteten. Apollon in der griechischen Mythologie erklärte die Raben für heilig, und König Artus in der berühmten englischen Sage soll gar selbst in einen Raben verwandelt worden sein. Die indische Göttin Kali wird den Überlieferungen zufolge stets von Krähen begleitet, und selbst im Christentum soll eine Krähe als Bote des Heiligen Oswald fungiert haben. Noch heute werden im Tower of London Raben gehalten, deren Flügel gestutzt sind, damit sie nicht fortfliegen können - soll es mit der englischen Monarchie doch ein schweres Ende nehmen, sollten die Raben den Turm je verlassen.

Schier endlos sind die Beispiele, in denen ein Rabenvogel eine wichtige Rolle in Sagen und Legenden spielt, und auch heute noch werden viele auf die Vögel gemünzten Begriffe tagtäglich genutzt: rabenschwarz, Unglücksrabe, Rabeneltern …

Obwohl viele der Begriffe negativ besetzt sind, ist der Mensch doch fasziniert von dem geheimnisvollen Federvieh. Zu Recht: Krähen und Raben sind die wohl intelligentesten Vögel überhaupt und können es durchaus mit Hunden oder Katzen aufnehmen.

So zeigten Versuche der Universität Bochum, dass Raben, die sich in einem Spiegel betrachten, im Gegensatz zu Katzen etwa sehr wohl begreifen, dass es sich um sie selbst, und nicht um ein weiteres Tier handelt. In der freien Wildbahn zeugen weitere Beobachtungen von der Intelligenz der Vögel: so nutzen sie Werkzeuge oder ersinnen Techniken, um mittels stark befahrener Straßen Nüsse und andere Nahrung zu knacken. Das Vorausschauen der Raben geht sogar so weit, dass sie die grüne Ampel abwarten, um sich die Nahrung wieder von der Straße zu holen.

Die intelligenten Vögel lernen bei ausreichend Geduld sogar, Wörter und ganze Sätze nachzusprechen. Vorsicht aber, wer sich nun ein so schlaues Haustier zulegen möchte: die Haltung der Tiere bedarf einer besonderen Erlaubnis, die meist nur nach Nachweis vogelkundlicher Kenntnisse, wie eines Falknerscheins, erteilt wird.

HM