Biomumien

Guano, Mumien und moderne Zaubertricks

Gewurschtel und viel Hoffnung

Phosphat Teil II. Hier geht´s zu Teil I, Leckeres Phosphat

Das Phosphat dazu stammt aus Meeresablagerungen und liegt also in mineralischer Form vor.
Als Kunstdünger entdeckt wurde er Ende des 19. Jh. bei der Verhüttung von Eisenerzen, wo Schlacke anfiel, die als lästiger Abfall galt, aber mit Kalk vermahlen das begehrte  Thomasmehl ergab.
Bereits vorher, als Missernten und Hunger in Europa immer wieder auftraten, hatten die Engländer die segensreiche Wirkung toten Getiers entdeckt und drehten schiffsladungsweise mumifizierte Katzen und Vögel aus Ägypten durch in ihren Knochenmühlen. Mit Schwefelsäure aufgeschlossen wurde das Mehl zu einem begehrten Dünger: Superphosphat. Die Gier danach ließ sie alte  Schlachtfelder plündern. Pferde- und Menschenknochen endeten als Phosphatgranulat auf europäischen Äckern. Das war auch die Zeit als allerlei seltsamte Tinkturen und Pülverchen aus Mumien gewonnen wurden, wie sie heute noch in historischen Apotheken zu sehen sind. Zur selben Zeit wurde auch der Guyano vor den Inseln Südamerikas im Stillen Ozean entdeckt, ein höchst stickstoff- und phosphorsäurehaltiges Düngemittel aus Vogelkot von bis zu zwölf Metern Mächtigkeit.

Und danach? Was ist das Szenario?

Phosphat führte letztlich zur Bevölkerungsexplosion der letzen hundert Jahre durch die Sicherstellung der Ernährung in Europa und in anderen Teilen der Welt. Leider muss man wohl heute feststellen, denn daher rühren heute alle unsere Probleme.
Heutzutage gibt es so gut wie keine Hüttenwerke mehr in Europa und schon lange kein Thomasmehl, weil Eisen nach anderen Verfahren erschmolzen wird.
Ohne Phosphat, das über die Wurzeln aufgenommen wird, würden unsere Kulturpflanzen verkümmern, die Blätter verfärbten sich, es bildeten sich schwächere Pflanzen, und die Erträge fielen magerer aus. Es gäbe Missernten. Dies umso mehr, als alle unsere heutigen Kultpflanzen auf Phosphat getrimmt sind, denn in der Vergangenheit bestand kein Anreiz zu einem sparsamen Umgang. Alte Sorten dagegen sind weitaus sparsamer beim Verbrauch von Phosphaten.
Die Lagerstätten des Phosphats sind alle bekannt, so dass man schätzt, dass sie in 30 Jahren erschöpft sein würden.

Eine Phosphor-Verknappung würde weltweit zu einer Preisexplosion für Düngemittel führen und dadurch die Getreideerezugung massiv verteuern. Lebensmittel werden zum Luxusartikel. Verteilungskämpfe zeichnen sich ab. Eine erste Phosphorkrise trat 2008 ein, als China Exportzölle erhob, was den Preis um 800 % von 44 auf 430 $ trieb und in Indien Unruhen bewirkte.
Der Verlust von Phosphat lässt sich unter den heutigen Umständen nicht verhindern sondern höchstens verlangsamen. Doch von der Politik und Industrie geschweige denn von der Öffentlichkeit wurde das Problem noch nicht ernst genommen. Wissenschaftler und Ingenieure erproben bereits international Verfahren, mit denen Phosphat recycelt und der Verbrauch gesenkt werden könnte.

Woher stammt unser Phosphat?

Vorkommen tut es überwiegend in nicht sehr zuverlässigen Regionen, u.a. in Südafrika, Jordanien, China, was nicht sehr beruhigt, auch in Florida, aber unsere Quellen liegen eher im Maghreb.
Ein Vorkommen ist bei Métlaoui bei Al-Mitlawi, Tunesien, wo vor 40 Mill. Jahre ein Meer lag. Als Ablagerung blieb u.a. Phosphat unter einer 8 m hohen Kalkschicht.
Die größten Vorräte mit 32 % der weltweiten Reserven, die auch im Tagebau gefördert werden, besitzt Marokko. Dort hat die Mine Kef Eddour eine Kapazität von 2,6 Mill. Tonnen jährlich, die in 35 Jahren erschöpft sein werden.

Ein Bombendünger

Weitere nennenswerte Mengen stammen aus Israel, ein Land, das selbst als Käufer marrokanischen Phosphats auftritt. Was interessiert die Israelis daran? Natürlich der relativ hohe Urangehalt für ihre Atombome. Fremdes, uranhaltiges Phosphat führen sie ein, anderes, eigenes, führen sie aus. Überall, wo mineralisches Phosphat, also aus eingedampften Meeren lagert, findet sich nämlich auch Uran und Cadmium, beide hochgiftige Schwermetalle. An Ort und Stelle noch, wird der Rohstoff gereinigt, gefiltert, getrocknet und zum Verkauf aufbereitet. Immerhin scheint Israel zu zahlen, lässt es doch sonst sogar Angehörige fremder Völker gerne mal mitgehen.
Europas größter Düngemittelhersteller, ICL Fertilizer, bezieht jährlich 4 Mill. Tonnen Rohphosphat aus Israel, 120.000 t werden am Werk in Ludwigshafen zu Düngern verarbeitet. Arbeitsschritte sind: Mahlen, Versetzen mit Schwefelsäure, um es aufzuschließen, Trocknen und schließlich Granulieren, damit es für die Ackermaschinen täglich wird und - da es wasserlöslich ist - um rasch die Wurzeln zu erreichen. Die Cadmium- bzw. Uranverseuchung unserer Böden wird mal ein weiteres Thema hier sein.

Dünger und Füllstoff in saftigen Hähnchen, würzigem Schinken

Jährlich werden 550.000 Tonnen phosphathaltige Düngemittel umgesetzt, 140 Mill Tonnen Rohphosphate werden gefördert, wovon 90 % zu Düngern für die Landwirtschaft werden.
Rund 20 % des Phosphats landet in Produkten des täglichen Lebens. Beliebt ist er in der Lebensmittelindustrie, wo er gar nicht hingehört, in Erzeugnissen, die Phosphat eigentlich gar nicht brauchen: Als Wasserbinder in Fleisch, Triebmittel in Backwaren, Geschmacksverstärker in Cola, als Wasserenthärter in Wasch- und Geschirrspülmitteln, als Poliermittel in der Zahnpasta.
Der Einsatz ist nirgendwo reglementiert. Er ist ein herrlicher Füllstoff, ein tolles Mittel, um Volumen und Gewicht zu erzeugen, die Kunden zu betrügen, denn werden Hähnchen oder Schinken damit gespritzt, nun dann sind sie eben um diese Menge schwerer.
Das verhält sich ähnlich wie mit dem Ersatz vom Schadstoff Zucker - den unbedarfte Seelen für ein "Nahrungsmittel" halten, was er nicht ist - durch das Süßkraut, Stevia, das die Nahrungsmittelindustrie überhaupt nicht mag. Warum? Nun, würde man ersteren durch letzteren beispielsweise im Kuchen ersetzten, so wäre der um vielleicht ein Viertel geschrumpf. Alles klar?
Weitere Verwendung: Feuerschutz-, Wasch-, Lebensmittelzusatz-, Pflanzenschutzmittel, Wasseraufbereitungsmittel.

Lösungen

Gibt es nicht so richtig. Ein Erwachsener scheidet tägl. 1,7 gr Phosphor aus, 60 % davon im Urin, aber es existiert bislang kein bezahlbares Verfahren zur Rückgewinnung an den Kläranlagen. Und wenn es welche in zehn Jahren gäbe, dann doch nur in den westlichen Ländern. In anderen Metropolen Afrikas, Südamerikas und Asiens etc. kämpfen die Leute ums Überlegen, noch nicht mal Toiletten sind vorhanden. Was will man wem von tollen Kläranlagen erzählen? Das Problem liegt darin, dass gewaltige Wassermengen zu bewältigen sind, die eben alles Mögliche enthalten.
Gradezu rührend die Versuche der holländischen Firma Saniphos Thermphos, von der es heißt, es verarbeite 600.000 t (Rohstoffe) jährlich, sechsmal sowie wie der Düngemittelhersteller ICL. Thermphos habe keine eigene Bergwerke, es sei der einziger Produzent der Welt mit den Kenntnissen, aus allen Quellen Phoshor gewinnen zu könnnen. Die Bergwerke der Zukunft würden die Städte sein, Ziel sei es, bis 2020 die Phosphateinfuhr zu ersetzten. Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebe in Metropolen, wo es Phosphor vom Land beziehe. Die Städte seien die Goldadern der Zukunft; Stichwort "Urban Mining".

Nach uns die Sintflut

Ja, gut, aber was denn "verarbeiten"? Wenn es doch Abwasser ist, dann sind das zwar "Tonnen", aber es steckt doch kaum Substanz drin. Die Frage ist doch: Wieviel Tonnen Phospat erzeugt die Firma? Was zählt, ist doch "was hinten rauskommt", um es mit Kohl zu sagen.
Experimentiert wird u.a. auch mit Algen, die den Phosphat aufnehmen und zu Humus zerfallen sollen.
Man könnte denken, einfach den Klärschlamm auf den Feldern auszubringen, aber der ist derartig mit Schadstoffen wie Schwermetallen u.a. belastet, dass sich das verbietet. Auch eine Gewinnung des Phosphors aus dem Schlamm ist zu aufwendig.
Auch von einer Symbiose mit Mykorrhizapilzen verspricht man sich Erfolge. Der macht der Pflanze, Mais z.B., über seine Hyphen (Würzelchen, wenn man so will) weiter entfernt liegendes Phosphat zugänglich. Dafür versorgt Pflanze den Pilz m. Kohlenhydraten. Ergebnis ist ein verminderter Verbrauch von Phosphat, aber kein Ersatz, keine wirkliche Lösung.

Etwa 60.000 Tonnen wären in Deutschland jährlich aus dem Abwasser zu gewinnen, womit 30-50 % einsparbar wären. Aber eben auch nur das, und noch weiß niemand so richtig wie.

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Leckeres Phosphat, Teil I

Quellen: Die Phosphor Krise

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